Einigkeit besteht darüber, dass die Stadt eine sächsische Gründung noch aus der Zeit vor Karl dem Großen und auch ihr Name altsächsischen Ursprungs ist. Anlässlich eines Gütertauschs zwischen Kloster Corvey und dem damaligen König und späteren Kaiser Otto II. wird Korbach 980 erstmals urkundlich erwähnt.

Aufgrund seiner günstigen Lage als Kreuzungspunkt der beiden bedeutenden Handelswege Köln – Leipzig und Frankfurt – Bremen entwickelten sich rasch Handel und Handwerk. Die aufblühende Stadt erhielt bereits 1188 das Soester Stadtrecht. Weil die Altstadt bald zu klein wurde für die schnell anwachsende Einwohnerzahl, siedelten sich die zuziehenden Kaufleute außerhalb der Stadtgrenzen in zwei neuen Städten, der oberen und unteren Neustadt an, die sich bald, zusammengewachsen, 1377 mit der Altstadt zur Gesamtstadt vereinigten. Seit 1414 umgab Korbach ein doppelter Mauerring mit fünf Toren, was vor allem wegen der wiederholten Überfälle durch die Herren von Padberg, die in der Fehde zwischen 1413 und 1418 ihren Höhepunkt fanden, den dringend benötigten Schutz gab. Korbach wurde erstmals 1469 Mitglied im Hansebund. Die Kaufleute der Stadt handelten mit Tuchen, Fellen und Bier, auch mit Gold und anderen Metallen der näheren Umgebung. Frühzeitig, zwischen 1526 und 1529, wurde Korbach protestantisch.

Der Dreißigjährige Krieg spielte der Stadt schwer mit. Wiederholt wurden ihr hohe Kontributionen von durchziehenden Truppen abgepresst. Bei Kriegsende waren nur noch die Hälfte der Häuser bewohnbar und die Einwohnerzahl von 2600 auf 1100 gesunken. Als ein großer Stadtbrand schließlich 1664 fast alle Fachwerkhäuser vernichtete, versank Korbach in die Bedeutungslosigkeit, aus der sich der Ort erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts wieder langsam erholte. Eine neue wirtschaftliche Blüte erfuhr die Stadt Ende des 19. Jahrhunderts vor allem durch die Eröffnung der Twistetalbahn mit ihrer Verbindung nach Kassel.1

 

Vor diesem Hintergrund verwundert nicht, dass sich bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts kaum Arbeiten aus den Werkstätten der Korbacher Goldschmiede erhalten haben. Selbst die im Dreißigjährigen Krieg sicher verloren gegangenen Abendmahlsgeräte in Korbach und seiner Umgebung sind jedenfalls wohl nicht von ihnen ersetzt worden. Nur der eindrucksvolle Münzdeckelbecher des Samuel Waldecker, der von dem Brüderpaar von Nehem dem Fritzlarer Petersstift 1676 geschenkt worden war, zeigt das durchaus vorhandene Leistungsvermögen der Goldschmiede Korbachs. Ein weiterer, schon in der Einleitung „Die Goldschmiede des Waldecker Landes“ genannter Grund ist, dass die meisten von ihnen auf das Beschauzeichen von Korbach auf ihren Arbeiten, den halben Waldecker Stern unterhalb ihrer Initialen, verzichteten. Das mag auch erklären, warum eventuell erhaltene Werke von den drei Goldschmieden der aus Mengeringhausen stammenden Sippe Esau, den Brüdern Urban Friedrich und Johan Martin sowie Johann(es) Reinhardt, dem Sohn Urbans (Nr. 2-4), bisher nicht nachgewiesen beziehungsweise erkannt werden konnten.2

Nur der Goldschmied Gottfried Nelle scheint bis Ende der 60ger Jahre des 18. Jahrhunderts seine Werke selbstbewusst konsequent mit dem Korbacher BZ gemarkt zu haben. Seine Tüchtigkeit beweist er mit dem 1741 von Carl August Friedrich, Fürst zu Waldeck gestifteten Hauptschild der Schützengesellschaft von Twiste (Nr. 5a). Seine Schilde für die Schützenkette von Adorf (Nr. 5b und c) zeigen ihn als hervorragenden Graveur. Die erhaltenen Einzelarbeiten der Goldschmiede Roth(e) und Happel, Heißmilchkanne und Kelch (Nr. 6a, 7a), lassen eine Beurteilung der Fähigkeiten der beiden ebenfalls im 18. Jahrhundert arbeitenden Meister nicht zu.

Bis auf den Korb des Goldschmieds Leusmann (16c) und den Kelch des Wilhelm II. Postelmann (19a), die beide unter Verwendung von Fertigteilen um 1835/40 entstanden, kann die Beurteilung der Leistungen der Korbacher Goldschmiede lediglich über die Schilde der Schützenkette der Stadt erfolgen. Als einziger kombinierte Meister Huge das Korbacher Beschauzeichen mit dem Feingehaltszeichen auf dem von ihm gearbeiteten Schild von 1831 (15a). Anspruchsvolle Treibarbeit bei der Herstellung der Schilde fehlt ganz. Doch einige zeigen erwähnenswerte Gravuren: Nr. 11a von 1797, Nr. 11e von 1819 des Wilhelm I. Postelmann, Nr. 12a von 1799 des Meisters Christian Friedrich Saake sowie Nr. 20c von 1841 von seinem Sohn Johann Carl August, diesmal für die Schützenkette von Twiste. Ab 1846 bei Carl Christian Ludwig Vesper (Nr. 18a) und 1840 bei Wilhelm II. Postelmann (Nr. 19b) entstehen Schilde unter Verwendung von Fertigteilen. Letzterer bezog das Schild von 1861 (Nr. 19e) dann wohl komplett von der Silberwarenindustrie. Vom Silberarbeiter Schwalenstöcker (Nr. 17) ist – wie zu erwarten – keine einzige Arbeit bekannt, arbeitete er doch unzünftig als „Pfuscher“ für die Mitmeister Korbachs, die diese Waren dann wohl mit ihrem Stempel versahen.3

 

Anmerkungen

1. https://de.wikipedia.org/wiki/Korbach. Stich von Korbach: Korbach – Auszug aus der Topographia Hassiae von Matthäus Merian 1655.

2. Denn auch für drei der vier Goldschmiede Esau aus der Dynastie in Mengeringhausen in gleicher Zeit wissen wir nur durch Archivalien von ihren zum Teil bedeutenden Arbeiten, (zum Beispiel 2a, b, 3a, b, c und 7a, b, in: Reiner Neuhaus, silber-kunst-hessen.de, Die Goldschmiede von Mengeringhausen).

3. Siehe dazu ausführlich bei Die Goldschmiede des Waldecker Landes, Die Waldecker Goldschmiedezunft von 1798, in: Reiner Neuhaus, silber-kunst-hessen.de.

 

Die Goldschmiede von Korbach - Lebensdaten und Werke
Tabelle mit den vollständigen Lebensdaten aller Korbacher Goldschmiede, einschließlich der Abbildung ihrer bekannten Werke.
Tabelle Korbach mit Lit.-Verzeichnis.pdf
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